Smarte Gebäude brauchen smarte Bewohner – die Stadt Innsbruck gibt Neo-BewohnerInnen Wissen, um ihr neues Zuhause nachhaltig mitzugestalten.
Gebäude werden bisher in vielen Details hinsichtlich Baustoffe, Energie und städtebaulichen Kriterien wie Anschluss an den öffentlichen Personennahverkehr und Nahversorgung zertifiziert. Doch damit ein smartes Gebäude optimal funktioniert, braucht es auch smarte BewohnerInnen.
In Innsbruck wurde im Sommer und Herbst 2020 eine Pilotstudie in einer städtischen Wohnanlage der Neuen Heimat Tirol mit 118 Wohnungen (ca. 250 Personen) umgesetzt, bei der die BewohnerInnen vor Wohnungsübergabe in drei Workshops und einer Exkursion umfangreiche Informationen zu allen Aspekten des nachhaltigen Wohnens erfahren haben. Außerdem konnten die BewohnerInnen sich so bereits vor dem Einzug kennenlernen. „Denn eine stabile gute Nachbarschaft ist der Schlüssel in eine klimafreundliche und nachhaltige Zukunft“, so Elisabeth Meze, Geschäftsstelle für BürgerInnenbeteiligung, Stadt Innsbruck, Projektleiterin und Entwicklerin der Workshopreihe.
Das Tiroler Bildungsforum ist Teil der Initiative. Der seit über 70 Jahren in der gemeinwesenorientierten Bildungs- und Kulturarbeit tätige Verein treibt nachhaltiges Entwickeln und Handeln im ökologischen, sozialen, ökonomischen und demokratiepolitischen Kontext mit Bildungsangeboten voran.
Zukunft braucht Wissen
Neben der Stärkung der Nachbarschaft und dem Entwickeln identitätsstiftender Grundlagen ist das Ziel der Bildungsmaßnahme, einen aktiven Beitrag zu Energie-, Klimaschutz, Mobilität und Ressourcenschonung zu leisten und damit das Verständnis und Wissen rund um nachhaltiges Wohnen zu ermöglichen. Durch den aufbauenden Charakter werden Bedürfnisse der MieterInnen besser berücksichtigt und die Eigenverantwortung der MieterInnen betont. Die Integration der Workshops in diese Form der Einzugsbegleitung spricht Zielgruppen an, die oftmals schwerer für Themen der Nachhaltigkeit erreichbar sind. Wissen wird in verdaulichen Portionen anschaulich und dialogbasiert kommuniziert, gemeinsam erarbeitet und letztlich erlebt.
Werkzeugkoffer gefüllt mit Wissen
Die Veranstaltungen bieten eine Art Werkzeugkoffer, aus dem jede/r MieterIn herausgreift, was für die eigenen Lebensumstände wichtig erscheint. Von nutzugsrelevanten Themen, die das kooperative Zusammenleben fördern, über Ratschläge zu Klimaschutz und Energiesparen im Haushalt und Alltag bis hin zu Tipps rund ums stressfreie Übersiedeln oder Sharing-economy ist das Workshopangebot breit aufgestellt. Unterschiedliche Organisationen stellen dazu mit ihren ReferentInnen die Expertise zur Verfügung.
Eine dieser Organisationen ist das Tiroler Bildungsforum, das insbesondere für den urbanen Raum Gemeinschaftsgärten als wichtige Bildungsorte identifiziert und für die durch Covid-19 noch offensichtlicher gewordene Bedeutung des Naturraums – und sei er noch so klein – zur psychosozialen Gesundheit eintritt. BürgerInnen haben die Kompetenz, diesen Naturraum im Sinne der Biodiversität aber auch der Eigenversorgung naturnah zu gestalten. In Kurzworkshops wurde Einblick in das Thema gegeben und Wissen dazu (weiter-)entwickelt. Weiterführende Workshops im Frühjahr werden mit dem Know-how aus der Community das Thema des „Balkon-Gartlns“ – also des Grün- und Lebensraumes am Balkon – vertiefen. „Wir müssen altes Wissen wecken und verbreiten. Sich über Balkon-Kräuter und Gemüse auszutauschen, schafft nicht nur Gesprächsstoff zwischen NachbarInnen, sondern spart Geld, macht gesunde Ernährung sichtbar, vergrößert den Wohnraum ins Freie und steigert die Lebensqualität auf allen Ebenen“, so Matthias Karader vom Tiroler Bildungsforum.
Die Idee trägt Früchte
Eine Befragung der TeilnehmerInnen nach den Startworkshops im Herbst ergab, dass sich über 90 % willkommen und durch die Teilnahme an den Workshops ernstgenommen fühlen. Dass die Workshops Einfluss auf eine nachhaltigere Lebensweise haben, denken knapp 60 % der Befragten. Auf jeden Fall empfehlen mehr als zwei Drittel aller Beteiligten das Format auch in anderen Häusern anzuwenden, da die Workshops neben der Wissenserweiterung eine gute Gelegenheit boten, und weiter bieten werden, andere BewohnerInnen kennenzulernen.
Diese Ergebnisse bestätigen den im Tiroler Bildungsforum gelebten Claim „Bildungsorte sind Begegnungsorte“.
Das Projekt wurde für den Österreichischen Klimaschutzpreis nominiert!
Weitere Informationen:
Text: Mag. Dr. Elisabeth Meze MSc., Geschäftsstelle für BürgerInnen-Beteiligung, Stadt Innsbruck und Margarete Ringler MAS, Tiroler Bildungsforum; Foto: Elisabeth Meze