Neil Diamond, Superkleber und Gemeinschaftssinn

Neil Diamond, Superkleber und Gemeinschaftssinn

Wussten Sie, dass man mit einer Mischung aus Superkleber und Asche kaputten Kunststoff reparieren kann? Ich bis letzten Freitag auch nicht – bis ich zum ersten Mal ein Repair-Café in Mutters besuchte.

Es war eine kleine, gemütliche Veranstaltung – nichts Überlaufenes, sondern ein Ort, an dem man sofort ins Gespräch kam. Schon beim Eintreten bot mir Alejandra, eine der Organisatorinnen, mit einem freundlichen Lächeln einen Kaffee an, während ihr Mann André bereits in den Keller verschwand, um ein Ersatzrad für einen Kinder-Trolley zu suchen, den ein kleines Mädchen mitgebracht hatte.

Mein Blick fiel auf einen konzentrierten Elektroingenieur, der über die geöffnete Mechanik eines CD-Players gebeugt war. „Ich brauche den Player für meinen Massageraum“, erklärte Gudrun, die Eigentümerin des CD-Players. „Ohne Musik fehlt die Atmosphäre.“
Neugierig setzte ich mich dazu und es dauerte keine Minute, bis ich doppelt so viel über Elektrotechnik wusste, wie vorher.

„Kaputte Kondensatoren kann man austauschen“, erklärte er und löste mit Präzision eine Schraube nach der anderen. „Moderne Geräte machen es einem aber schwer. Die überziehen alles mit Kunstharz – als wollten sie verhindern, dass man etwas reparieren kann.“  Wir halfen ihm dabei, Kleinteile festzuhalten und mit der Taschenlampe zu leuchten. Ich fühlte mich dabei wie ein Lehrling, der dem Uhrmacher über die Schulter schauen darf. Als ich vorschlug, fester zu drücken, antwortete er gelassen „Niemals mit Gewalt.“ Verlegen half ich weiter mit.

Am Ende fanden wir den Übeltäter: Eine feststeckende CD – Neil Diamond, live. Gudrun lachte; das hatte sie vermutet. Das Zahnrad für den CD-Auswurf könnte beschädigt sein. Der Ingenieur erklärte, wie man mit einer Mischung aus Superkleber und Asche Kunststoffteile repariert: „Das hält bombenfest. Damit habe ich schon Risse in Rutschblattln repariert.“ Zehn Minuten später lief der CD-Player wieder, und der Applaus der Konzertbesucher hallte durchs Repair-Café – fast, als wäre er für den Reparateur selbst. Gudrun war mehr als zufrieden: „Nächstes Mal bringe ich die Bügelstation mit“.

Während sich der Ingenieur einem Bügeleisen widmete, plauderte ich mit Alejandra. Es ist so schade, wie viele Dinge einfach weggeworfen werden, obwohl man sie reparieren könnte. Zum Schluss überreichte er Alejandra das reparierte Bügeleisen mit einem schmunzelnden „Achtung, heiß!“

Ich ging nicht nur mit neuem Wissen nach Hause, sondern auch mit der Erkenntnis, wie schön es ist, Menschen durch eine Reparatur zusammenzubringen. Ich war in einer heilen Welt zwischen vielen kaputten Dingen.

Die nächsten Termine von Repair Cafés findet man unter : https://repaircafe-tirol.at/tbf-veranstaltungen/

Text und Fotos: Veronika Lamprecht
Datum: 28.01.2025